Kurze Einmischung zum Thema WotzApp

Ein neuer Stern am Himmel der Milliardenkonzerne. Man sollte WhatsApp nicht so sehr dafür loben, dass es simpel zu bedienen ist und funktioniert. Das können andere auch. Anderes ist wichtig. Ihr erinnert euch vielleicht: bis vor Kurzem konnte man sehr einfach WhatsApp-Nachrichten im Namen anderer Leute verschicken. Ist schwieriger geworden, geht aber noch. Was ist eigentlich sicher an WhatsApp?

  • Der Nutzer ist Produkt.
  • Datenschutz hat geringe Priorität.

Ersteres ist spätestens seit dem 19.02.2014 klar. Zweiter Punkt: zum Beispiel kann man im lokalen WLAN versendete Nachrichten mit relativ einfachen Mitteln mitlesen. Es gibt sicherlich noch viele andere kleinere und größere Datenschutz-Probleme — aber all diese Dinge interessieren nur einen kleinen Bruchteil des gemeinen Volkes.

WhatsApp: keine Standards, keine Sicherheit. Einfach Chat im 90er Style für’s Handy.

Die WhatsApp-Ingenieure haben zu Anfang quick & dirty gearbeitet und die Grundzüge ihrer Architektur nicht an gängigen Standards ausgerichtet. IT-Sicherheit und Datenschutz ohne sich an Standards zu halten? Sowas ist von Vornherein im mathematischen Sinne ill-posed. Die Sorglosigkeit bei der technischen Umsetzung von WhatsApp ist uns schon seit Jahren bewusst. Uns ist doch klar, was WhatsApp im Kern ist: eine ganz simple, total gleichgültige Form des Chats. Sicherheit und Datenschutz völlig egal. Folgendes hatte mich schon vor Jahren beeindruckt: man muss sich nicht bei WhatsApp “einloggen”, es gibt kein (geteiltes) Geheimnis.

Krypto-Grundkurs

Man muss sich gar nicht weiter mit WhatsApp beschäftigen, um große Datenschutz-Skepsis dagegen zu hegen. Da schreiben Leute miteinander ohne vorher ein Geheimnis auszutauschen. Mal ein ganz kleiner kurzer Mini-Krypto-Ausflug, vielleicht erreiche ich ja ne schmale Masse, also nen kleinen Teil der breiten Masse. Ein Geheimnis ist etwas was nur DU kennst. Deine Telefonnummer ist kein Geheimnis. Deine IMEI ist auch kein Geheimnis. Ohne ein Geheimnis kann man

  • sich nicht sicher authentifizieren (eindeutig ausweisen),
  • keine Daten sicher verschlüsseln,
  • die Integrität versendeter Daten nicht gewährleisten.

Im Umkehrschluss heißt das für Kommunikation ohne Geheimnis:

  • Jeder kann (mit mehr oder weniger Aufwand) in deinem Namen Nachrichten versenden.
  • Jeder auf dem Kommunikationsweg zwischen dir und dem Empfänger (WLAN, ISP, …) kann deine Nachrichten lesen.
  • Jeder auf dem Kommunikationsweg zwischen dir und dem Empfänger (WLAN, ISP, …) kann deine Nachrichten verändern.

Was wollen die Leute eigentlich? Sicherheit eher nicht so.

Das reicht schon für den Grundkurs. Aber jetzt mal ehrlich: E-Mail und SMS leiden unter den gleichen Problemen. Und auch ICQ und Skype bieten keinen theoretisch vollständigen Schutz, obwohl man hier ja ein Geheimnis benutzt, die Login-Daten (das ist die falsche Geheimnisform, aber das wollen wir hier jetzt nicht behandeln). Und bei DE-Mail muss man sich aufregen, denn hier wird Sicherheit versprochen, die nicht existiert.

Das alles interessiert kaum jemanden. Und ich glaube das ist der Kern — eine wichtige Einsicht: echte Sicherheit wollen die Leute gar nicht unbedingt. Meistens ist ihnen schlicht egal, ob “jemand” mitlesen kann. Ist die breite Masse da irgendwas zwischen naiv und illusorisch? Vielleicht, ist aber egal. Konzeptionell perfekte IT-Sicherheit und alltägliche menschliche Kommunikation passen nicht so recht zusammen. Die selbe Gleichgültigkeit haben wir doch beim NSA-Skandal gesehen. Wo bleibt der Aufschrei? #aufschrei? #aufschrei3000? Mir ist das Ganze ja auch ein Stück weit egal — schließlich benutzte ich ICQ, versende E-Mails und SMS und bin seit Kurzem auch WhatsApp-Nutzer. Dabei weiß ich bei jeder dieser Techniken genau, wie man hier angreifen kann. Habt ihr etwa noch nie per tcpdump im Router die Nachrichten eurer Mitbewohner mitgeschnitten ;-)?

Aber bitte seid euch doch im Klaren darüber, was hier passiert.

Was meiner Meinung nach wichtig ist: das Bewusstsein darüber, wer da Daten von wem in welcher Größenordnung sammeln kann. Und Bewusstsein darüber, dass man sich unter Umständen verkauft. Schaut mal in diesen offiziellen Blogpost von WhatsApp aus 2012:

Remember, when advertising is involved you the user are the product.

Sie erklären da, dass der WhatsApp-Nutzer nicht das Produkt ist, weil sie keine Werbung verwenden. Dann reden sie von ihrer ach so tollen Architektur und dass die simple Form der Kommunikation ihr Produkt ist, nicht etwa der Nutzer oder seine Daten:

That’s our product and that’s our passion. Your data isn’t even in the picture. We are simply not interested in any of it.

19 Milliarden $ für was genau? Achso, ja klar.

Das da oben klang schon immer schmutzig. Neuerdings erscheinen diese Aussagen aber in besonders reudigem Licht, ich formuliere das mal simpel:

  • 19 Milliarden $ für eine (IT-)Architektur, die viele besser hinbekommen hätten? Nee.
  • 19 Milliarden $ für eine riesige Nutzerzahl? Ja.

Was ist also das Produkt? Die Nutzer, genau, wie immer. Seid euch drüber im Klaren.

Was ich noch sagen will: heml.is und BitTorrent Chat

Wenn man wirklich mal sichere Kommunikation braucht, dann muss man wissen, wo man die bekommt. Die Medien haben sich gerade auf Threema eingespielt. Schön für die Schweizer, da klingeln bestimmt gut die Kassen. Soweit ich das sehe, ist das kryptographisch solide gemacht. Man hat sich an anerkannte Standards gehalten. Und arbeitet mit echten Geheimnissen. Die Nutzdaten, also die Nachrichteninhalte, scheinen sicher. Ihr müsst aber wissen, dass auch die Leute von Threema natürlich Metadaten sehen und sammeln können, also wer mit wem wann wie viel und so (eigentlich alles außer was und warum vielleicht :-)). Außerdem ist Threema nicht — wie einige Konkurrenten — kostenlos. Nebenbei bemerkt: ihr müsst kein schlechtes Gewissen haben, wenn ihr eine kostenlose App installiert. Der Flappybird-Mann hatte 50.000 $ tägliche Werbebeteiligung nur durch die Präsenz in den jeweiligen Applikations-Einkaufsläden.

Ich würde eure Aufmerksamkeit gerne auf heml.is und BitTorrent Chat lenken. https://heml.is/ wird seit Längerem von drei Schweden entwickelt. Die machen durch ihre Planungs- und Informationspolitik einen äußerst sympathischen und professionellen Eindruck. Sie stehen kurz vor Release und man twittert ihnen schon zu, dass sie am besten sofort jetzt, blabla, aber man reagiert recht cool:

A car without wheels may be 99% complete but is pretty useless, right?

Also, https://heml.is/, merkt euch das mal. Macht einen besseren Eindruck als Threema. Auch BittorrentChat ist sehr vielversprechend — in anderer Art und Weise. Wie immer rund um “Torrent” wird hier ein dezentraler Ansatz verfolgt. Ein selbstregulierendes P2P-Netz. Nur mit so einem Ansatz kann man Anonymität verwirklichen (Ähnlichkeit zu TOR), nur so kann man das effiziente Sammeln von Metadaten verhindern. Auch BittorrentChat ist noch nicht fertig, aber kurz vor Release.

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  1. Double Rainbow Avatar
    Double Rainbow

    bevor du whats up nutzt, lies das vor: http://whatsapphacken.pro/

  2. Jorg Ehrmann Avatar
    Jorg Ehrmann

    die Beitrag ist einfach super! ich habe auch viel über dieses Thema gelesen..WhatsApp Sniffer ist einfach Problem Nummer 1 heute.

  3. Jabob Avatar
    Jabob

    Auf http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2014-02/29543374-internationaler-boom-fuer-whatsapp-alternativen-threema-und-telegram-016.htm habe ich auch einen interessanten Artikel gefunden. Letztendlich gibt es einige gute Alternativen, auf die man zurückgreifen kann. Man muss sich nur ein wenig mit dem Thema auseinander setzen.

    1. Jan-Philip Gehrcke Avatar

      Telegram sind Blender. Ihr Kryptographie-Quiz (200.000 Dollar für den Gewinner) ist unter den gestellten Bedingungen selbst für ein anerkannt unsicheres Kryptoprotokoll nicht lösbar. Es handelt sich also um eine Blendgranate, zur Volksverdummung.

      Threemas quellen sind geschlossen. Threemas Kryptoprotokoll ist “offengelegt” (aber wir können nicht kontrollieren, ob es auch so implementiert wurde). Anhand des offengelegten Protokolls wird deutlich, dass Threema keine sogenannte Perfect Forward Secrecy implementiert. Das heißt, dass abgefangene Kommunikation auch im Nachhinein noch entschlüsselt werden könnte.

      Meine klare Empfehlung ist TextSecure. Nicht allein der “App” wegen, die mag noch ein paar kleine Haken haben und es gibt sie auch noch nicht für iOS. Aber die Projektstruktur überzeugt in allen Bereichen, sowohl politisch, strukturell, als auch technisch.